Als meine Älteste, mittlerweile 8 Jahre, vor ein paar Jahren gerade mal das Laufen gelernt hatte, hing sie sich bei Oma und Opa beim Spielen aus Jux und Dollerei an der Garderobe mit den Händen an einen Ring, der dazu diente, Schirme durchzustecken. Der Ring war nicht sonderlich gut festgeschweißt, deshalb machte es "Knacks" und der Ring war ab. An der neuen Garderobe (die war erst ein paar Tage zuvor installiert worden. Ich ging zu ihr hin und sagte ihr (pädagogisch geschult, wie man beim ersten Kind noch ist ...), dass das nicht in Ordnung sei und dass Opa jetzt ganz traurig wäre. Worauf sie ihren unwiderstehlichen Bambi-Blick aufsetzte, zu Opa hinlief und "sssuldigung" von sich gab. Opa war so gerührt, dass er es gar nicht mehr fertigbrachte, böse zu sein.
Dabei war doch ich es, der Efraïm die ersten Schritte gelehrt und es auf den Armen getragen hatte. Aber sie erkannten nicht, dass ich mich so um sie kümmerte. Ich war zu ihnen wie jemand, der sein Rind schonend am Strick zieht und es leitet; mit Seilen der Liebe leitete ich sie. Ja, ich war zu ihnen wie die Landleute, die ihrem Rind das Joch anheben, damit es leichter fressen kann, die sich sogar bücken, um ihm sein Futter hinzuhalten. Deshalb hatten sie es nicht nötig, wieder nach Ägypten zurückzukehren; aber zur Strafe für ihren Undank werden nun die Assyrer über sie herrschen.
An oben erzählte Episode musste ich zurückdenken, als ich den Text las. Mittlerweile hat meine Tochter (und ihre beiden Geschwister) auf materieller Ebene noch ganz andere und teurere Sachen kaputt gemacht. Einmal hat sie gefragt: "Wenn ich was ganz Schlimmes mache, bin ich dann nicht mehr Euer Kind?" Worauf ich ihr sagte, dass sie immer unser Kind sein wird, egal, was sie macht.
Genau das wird hier in der Rede des Propheten ans Volk Israel deutlich. Das hätte Gott genug Stoff geliefert, dass er draufhauen hätte können. Oder mit einer anderen ethnischen Gruppe Geschichte schreiben, nach dem Motto "Gottes Volk 2.0". Aber in all den Gerichtsworten der Propheten dringt immer wieder die Liebe Gottes zu seinem Volk und zu denen durch, die er erwählt hat, die sich zu ihm halten. Hosea geht so weit, das Wort "Reue" zu verwenden (vom hebr: nacham, was auch Trost heißen kann, aber dann hier nicht in den Kontext passt). Das setzt theologisch ein Fragezeichen, denn um etwas zu bereuen, müsste Gott ja erst einmal etwas falsch gemacht haben, oder? Aber in dem Fall geht es nicht um die Reue in Form eines dicken Kloßes im Magen nach dem Einwerfen einer Fensterscheibe, sondern um eine Welle von Mitleid, von Mitfühlen. Er bereut nicht, weil er nach einem größeren Maßstab etwas falsch gemacht hätte (das ist logisch unmöglich), sondern allein aus Liebe reut es ihn.
Was sagt uns der Abschnitt über Gott aus? Dass seine Liebe eine Grundkonstante unseres Lebens ist. Dass er zu uns hält und seine Liebe auch dann besteht, auch dann, wenn wir Mist bauen. Und das es nichts gibt, was uns von seiner Liebe trennen kann (Röm. 8). Mag sein, dass man das alles schon zig mal gehört hat. Aber es tut gut, das immer wieder zu hören!
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