Wenn in Deutschland in Zeitschriftenartikeln oder Fernsehdokumentationen über böse christliche Fundis hergezogen wird, egal, welcher Konfession, dann ist die Reaktion im Allgemeinen vorhersehbar: Die Betroffenen äußern sich auf dem rechtlich angemessenen Weg der öffentlichen Beschwerde mittels Leserbriefe, auf Blog-Artikeln oder auch in Briefen an die Sendeanstalten. In besonderen Fällen wird eine Beschwerde an die zuständige Behörde formuliert, um tendenziöser Berichterstattung von dieser Sorte oder von dieser oder von dieser inhaltlich zu begegnen. Die Reaktionen auf die Beschwerden sind in der Regel auch recht vorhersagbar: Es wird sich über den Machtanspruch "christlicher Hardliner" (in diesem Fall von Evangelikalen) beschwert, über die Unverschämtheit sachlichen Journalismus anzumahnen und über die Unverfrorenheit, biblische Aussagen in ihrer Aussageintention zu verstehen (und, liebe Journallie, das ist was GANZ anderes als "die Bibel in jeder Aussage wörtlich nehmen").
Ganz anders, wie das jüngste Beispiel zeigt, wenn es um Filme über den Islam geht, die in ihrer Aufmachung und ihrem Inhalt nicht weniger tendenziös und dämlich sind, aber Reaktionen ganz anderer Art provozieren. Wie der Youtube-Clip "Innocence of Muslims". Der Film ist schlecht gemacht, inhaltlich Schrott und würde von einem sachlichen Betrachter höchstens als schwer missglückte Satire wahrgenommen werden. Nicht so von vielen (nicht nur einigen) Muslimen: Ein Youtube-Clip einiger durchgeknallter Extremisten wird zum Anlass genommen, Leute umzubringen, die mit der ganzen Sache gar nichts zu tun haben.
Als Reaktion folgt im Westen ein empörter Aufschrei über die Unverfrorenheit, Menschen wegen eines grottigen Youtube-Clips umzubringen? Ein entschiedener Hinweis auf die Freiheit, die persönliche Meinung zu äußern, auch dann, wenn das Ergebnis dieser Freiheit einen anpieselt? Eine Betrachtung der archaischen Zustände in Ländern, in denen wegen eines Films gemordet wird, den mit hoher Wahrscheinlichkeit 95% der Demonstranten gar nicht gesehen haben?
Nicht ganz. Der Kommentar der gestrigen Tagesschau macht die Schuldigen der gegenwärtigen Ereignisse aus: Christliche Fundis aus den USA, die mit dem Filmclip Mohammed in den Dreck ziehen wollen. Das mag sachlich sogar richtig sein, aber der Autor versäumt es irgendwie auch mal die Eigenart islamischer Gesellschaften kritisch zu beleuchten, auf Satiren, Cartoons oder auch Filme von Individuen, die kaum eine ganze Gesellschaft repräsentieren können, grundsätzlich mit kollektivem Beleidigtsein und infolgedessen mit Mordlust zu antworten. Oder auf Zweifel daran, dass der Koran das Wort Gottes sein könnte.
Der Spitzensatz schlechthin in dem Kommentar: "Denn in der islamischen Mehrheitsgesellschaft gelten Christen und Juden bis heute als zu schützende Minderheit." Das ist ja super, Herr Pick, wie wär's, besuchen Sie doch mal einen christlichen Gottesdienst in Pakistan. Oder im Irak. Oder in Saudi-Arabien.
Das grenzt schon schwer an eine Verhöhnung der Christen in dem einen oder anderen mehrheitlich islamischen Land, die jeden Tag um ihr Leben fürchten müssen. Nur, weil sie Christen sind. Man kann "Innocence of Muslims" schlecht finden. Mache ich auch. Aber bei so einem journalistischen Kotau, nur aus Angst, die Irren könnte richtig böse werden - da kann einem schon übel werden.
Ich gehe mal davon aus, das da jemand aus Ärger an dem "muslimischen Showinismus" mal eine gemeine Provokation leisten wollte. Natürlich haben diese Leute nicht mit solchen Folgen gerechnet, da kein halbwegs gebildeter Mensch aufgrund eines solchen filmischen Schrotts mordet.
AntwortenLöschenIch selber musste darüber nur müde Lächeln,da ich etwas mehr erwartet hatte von dem Film.
Aber wenn das schon solchen Hass auslöst, dann weiss ich auf welchem geistigen Niveau sich diese tiefreligiösen und ach so friedlichen Menschen befinden...