Dienstag, 7. August 2012

Abendmahl oder: Jeder esse, was er kann

Zum Thema Abendmahl bin ich vor kurzem über diesen Artikel gestoßen. In der Zusammenfassung geht es darum, warum niemand vom Abendmahl ausgeschlossen werden könne. Die "Bad Guys" waren - wie so oft im entsprechenden Medium - die katholische Kirche, in der wiedervereiratet Geschiedene nicht zum Abendmahl zugelassen sind. Zumindest nicht offiziell - es scheint wohl Gemeindepfarrer zu geben, die das anders handhaben.
Über diesen spezifischen Umstand kann man ja als Außenstehender diskutieren. Aber die Überschrift zur entsprechenden Erklärung der Evangelischen Kirche im Rheinland: „Eingeladen sind alle. Warum die Kirche nicht vom Mahl des Herrn ausschließen darf.“ kann ich, als Freikirchler und als aufmerksamer Bibelleser so nicht teilen.
Das ist sicherlich zu einem (wenn auch geringen) Maß dem Umstand geschuldet, dass sich gerade am Thema Abendmahl eine Meinungsverschiedenheit entzündete, die Mitte des 19. Jahrunderts zur Gründung der Freien evangelischen Gemeinden führte: In der Reformierten Kirche jener Zeit wurde bereits das Abendmahl an alle ausgeteilt, ohne Prüfung oder wenigstens den Hinweis auf die Notwendigkeit einer Selbstprüfung.


Ich kann das in der Schrift nicht finden. Und das Beispiel mit den Zöllnern, mit denen Jesus am Tisch gesessen hätte, geht am Thema "Abendmahl" vorbei, sorry. An den Abendessenstisch kann ich mich mit allen möglichen Leuten setzen: Freunden, Fremden, Andersgläubigen, Atheisten, Politikern oder Fans des VfB Stuttgart. Auch wenn mich unterschiedlich viel (oder wenig) mit diesen Leuten verbindet.


Im Abendmal geht es aber um etwas ganz anderes. Selbst in den meisten protestantischen Abendmahlstheologien, in denen es ums "Gedenken" oder "Erinnern" geht (dem kann ich nicht ganz folgen, was wohl mit meiner lutherischen Herkunft zusammenhängt. Aber das wäre hier ein zu umfassendes Thema), steht die Heilstat Christi im Mittelpunkt. "Christi Leib, für Dich gebrochen" ist halt kein beliebig verfügbarer Snack, es ist, zumindest in den angesprochenen protestantischen Abendmahlstheologien die spürbare Vergegenwärtigung der Heilstat Christi. Auf die muss ich mich aber einlassen.


Da sind wir dann halt schon bei einem Ausschlusskriterium. In den Gottesdiensten unserer Gemeinde (einer FeG) weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass das Abendmahl ein Gemeinschaftsmahl der Gemeinde Christi ist und dazu alle eingeladen sind, die Christus nachfolgen, unabhängig von ihrer konfessionellen Zugehörigkeit. Es geht hier nicht um formelle Kirchenmitgliedschaft, sondern um die persönliche, innere Haltung, den persönlichen Glauben an Jesus Christus.
Darüber hinaus gibt es noch andere Sachen, die jemanden vom Abendmahl ausschließen können: Unversöhnlichkeit z.B., Streit, jemand der offenkundig in Sünde lebt und daran festhält (das kann Ehebruch sein, aber auch Habgier oder Betrug; je nach Einzelfall).

Kann ich dadurch sichergehen, dass kein "unverantworlicher Finanzjongleur" oder ein Zuhälter, um beim Beispiel des Artikels zu bleiben, am Abendmahl teilnehmen? Nein. Wir haben ja keinen Geschichts- oder Glaubensscanner installiert hier. Ist das dann mein Problem? Ebenfalls nein. Wir haben auf die Kriterien zur Teilnahme am Abendmahl hingewiesen, und ab dann gilt: "Der Mensch prüfe sich selbst" (1.Kor 11,28).

Wer das Abendmahl als unverbindlichen Snack verteilt, entwertet es. Wer das Abendmahl austeilt an Leute, die nicht die blasseste Ahnung haben, was sie da machen, ebenso. Irgendwann wird das Mahl dann zum leeren Ritus, von dem keiner so recht weiß: "Was machen wir da eigentlich?". Vor dem Hintergrund ist es nur zu verständlich, dass die katholische Kirche gegenüber dem Vorschlag eines gemeinsamen ökumenischen Abendmahls weit auf Abstand geht (mal abgesehen von dem Umstand, dass ihr Eucharistieverständnis wie auch das Amtsverständis fundamental anders sind).

Zum Mahl des Herrn sind alle eingeladen, die diesem Herrn nachfolgen. Und, das ist sachlich richtig: Christus schließt niemanden vom Mahl aus. Das machen die Betroffenen in aller Regel selbst.

5 Kommentare:

  1. Darf ich den Artikel auf meinem Blog verlinken?

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  2. Selbst wenn man Zwingli folgend "nur Brot und nichts als Brot, nur Wein und nichts als Wein" auf dem Tisch hätte - die Tischgemeinschaft ist doch Leib Christi. Würdet ihr den Leib Christi den Huren hingeben? fragt Paulus provokativ.
    Im verlinkten Artikel steckt ein folgenschwerer theologischer Denkfehler (was mich bei Chrismon aber nicht übermäßig wundert), denn die Abendmahlsverweigerung wird als Maßregelung bezeichnet. Tatsächlich ist sie das NICHT. Sie ist lediglich die konsequente Fortführung der Tatsache, daß sich der betreffende Mensch durch sein Handeln selbst außerhalb der Gemeinde gestellt hat. Der Mensch exkommuniziert sich selbst durch sein Handeln, die Kirche - gleich welcher Couleur - kann es nur feststellen und entsprechend handeln.

    Das entspricht dem Führerscheinentzug für jemanden, der völlig betrunken Fahrrad gefahren ist: der Führerscheinentzug ist keine Strafe (Strafen sind Geld- oder Freiheitsstrafen), sondern die Verkehrsbehörde erkennt am Verhalten der Person, daß sie offenbar charakterlich nicht geeignet ist, ein Kraftfahrzeug zu führen, wenn sie sich derart unvernünftig verhält, und muß dementsprechend dafür sorgen, daß die Fahrerlaubnis eingezogen wird. Völlig logisch dann auch, daß zur Wiedererlangung derselben eine MPU absolviert werden muß.

    Die Kirchenordnung meiner Kirche schreibt vor, es dürfe niemandem das Abendmahl verweigert werden, der es begehre. Das kann ich so tragen, denn ich sehe auch nur vor die Stirn und nicht dahinter, woher soll ich wissen, ob er nicht Herzensbuße getan hat? Ob er nun zum Heil oder zum Gericht ißt, wie Paulus schreibt, kann ich nicht beurteilen. Ich kann nur zur Selbstprüfung mahnen.
    Wenn jemand aus einer anderen Gemeinde bei uns zum Tisch des Herrn kommt, weiß ich ja auch nicht, ob er dort zum Abendmahl zugelassen wäre oder nicht... ich kann auch kein Taufzeugnis von ihm verlangen. Da steht dann auch jeder für sich selbst ein.

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  3. @Wolfram: Sehe ich zum größten Teil ähnlich. Trotzdem: Wenn jemand offensichtlich in Sünde lebt und daran festhält, finde ich es durchaus angebracht, den Verzicht auf die Teilnahme am Mahl anzumahnen. Eine Art "Ultima Ratio" der Seelsorge, wobei ich weiß, dass es mit Sicherheit nie so wahrgenommen wird.

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