Montag, 11. Juni 2012

Schule im Wohnzimmer?

Auf meinem Facebook-Account habe ich vor kurzem etwas zum Thema "Homeschooling" oder "Heimunterricht" gepostet. Ich hatte vor nicht allzu langer Zeit im Internet einen älteren Beitrag der ZDF-Dokumentations-Reihe "37 Grad" mit dem Thema: "Unterricht am Küchentisch" gesehen, in der es um zuhause unterrichtende Eltern in Deutschland geht (wo Heimunterricht illegal ist).
Eine der Familien, um die es in dem Bericht geht (hier zu sehen; ich hoffe, man kann den Link öffnen...), die Familie Dudek, ist aus christlich-freikirchlichem Hintergrund, wobei unklar bleibt, welcher Gemeinde oder Gemeinschaft sie denn genau angehören. Sie unterrichten ihre Kinder zuhause und sind dadurch schon mehrfach mit den Behörden in Konflikt geraten (Geldbuße, Androhung von Gefängnisstrafe u.a.). Ihre ältesten beiden Jungs haben mittlerweile die "Schulzeit" abgeschlossen und befinden sich in Lehren von Handwerksberufen. Beide waren bei der mittleren Reife, die an einer staatlichen Schule abgelegt wurde, jeweils die Jahrgangsbesten und beide werden von ihren Lehrmeistern als ordentlich, fleißig, freundlich und höflich beurteilt.
Auf Facebook habe ich mich für das Recht auf Heimunterricht ausgesprochen - mit regelmäßiger staatlicher "Erfolgskontrolle", sprich: Kontrolle des Lernfortschritts entsprechend des Lehrplans. Woha, da schlugen die Wellen hoch - die Warnung vor "Parallelgesellschaften" und "Abschottung" und die übliche Vermutung, diese Kinder könnten keine sozialen Kompetenzen entwickeln, da sie nur mit ihresgleichen umgehen würden.
Seltsamerweise hat keines der europäischen Länder, die das mit dem Heimunterricht lockerer sehen, irgendein Problem dieser Art. Deutschland ist das einzige Land, in dem Schulzwang besteht, und das Gesetz wurde 1938 erlassen - von den Nationalsozialisten, deren Ziel es war, die Jugend auf Linie zu bringen. Seltsam, dass das mit dieser ideologischen Vorbelastung noch nie zur Disposition stand in einem Land, in dem einem schon der Begriff "Autobahn" in Bedrängis bringen kann.
Es geht ja nicht darum, die staatliche Schule abzuschaffen - es geht mir darum, bei entsprechender Eignung der Eltern und unter kompetenter Aufsicht den Eltern auch innerhalb Deutschlands das Recht auf Heimunterricht einzuräumen. Wovor müssen wir denn da Angst haben?
Ich selbst würde meine Kinder nicht zuhause unterrichten; erstens hätte ich dazu gar nicht die Zeit, zweitens bin ich mit der staatlichen Schule, in der sich meine Älteste befindet, bis jetzt zufrieden. Trotzdem finde ich, das wir Deutschen uns da etwas anstellen ...

3 Kommentare:

  1. Ich denke, Homeschooler machen sich bei den Behörden so unbeliebt, weil sie Fragen stellen, die in Deutschland aus ideologischen Gründen nicht diskutiert werden dürfen. Es geht mehr darum, wie der Staat konzipiert ist und welche Rechte und Stellenwert die Familie hat, als darum, ob Kinder ordentlich Bildung erhalten. Und es geht darum, welch Aufgabe das deutsche Schulsystem neben der Vermittlung von neutralem Wissen hat.
    Sicher ist vor der Parallelgesellschaft nicht ganz unbegründet, denn wir alle wissen, dass in der Schule auch politische Erziehung stattfindet. Was, wenn es nicht freundliche Freikirchler sind, die ihre Kinder daheim unterrichten, sondern rechts- oder linksextreme Eltern, die ihre Kindern zwar perfekt auf die Prüfungen vorbereiten, aber ansonsten ein Weltbild vermitteln, dass völlig gegen unseren Staat steht? Wie viel Abweichung vom Mainstream kann unsere als plural/multikulturell gefeierte Gesellschaft eigentlich wirklich vertragen?
    Wenn ich mir angucke, welche Hürden z.B. als konservativ geltende katholische Vereinigungen in den Weg gelegt bekommen, wenn sie eine alternatives Schulkonzept anbieten wollen, scheint diese Gesellschaft schon ins Wanken zu geraten, wenn die Koedukation an einer Schule fehlt. Dabei ist es völlig unerheblich, wie positiv dieses Konzept von Experten beurteilt wird, die schon lange einräumen, dass der unterschiedliche Entwicklung von Mädchen und Jungen in koedukativen Schulen nur sehr schwer- und in der Realität so gut wie nie -Rechnung getragen werden kann.
    Ich finde, es sehr merkwürdig wie unhinterfragt die Ziele und Methoden der staatlichen Erziehung sind. Vielleicht sagt es auch etwas darüber aus, wie uninteressant Kinder für unsere Gesellschaft sind.

    AntwortenLöschen
  2. Ich bin auch für die Option des Hoomeschooling, immer vorrausgesetzt die Eltern sind dafür geeignet. Es sollte so sein wie in Österreich, wo es eine Unterrichtpflicht, aber keine Schulpflicht gibt. Das deutsche Modell ist viel zu unflexibel, und spricht Eltern automatisch jede Unterrichtskompetenz ab. Meines erachtens hat der Staat dazu kein Recht. Die Schulpflicht ist ein bedeutender Fortschritt, den ich nicht infrage stellen möchte, profitieren doch mehr Kinder von der Schulpflicht, als das sie dadurch benachteiligt werden. Auch müssten die Eltern nachweisen, dass sie geeignet sind, strukturierten Heimunterricht zu geben, und sich regelmäßigen Kontrollen unterziehen. Wenn die Vorraussetzungen erfüllt sind, sollte die Möglichkeit zum Homeschooling geschaffen werden.

    AntwortenLöschen