Früchte des Lichts
Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, hier ein Geständnis: Ich mag keine Zahnärzte (ist nicht persönlich gemeint, falls jemand betroffen sein sollte ...). Ich mochte die noch nie. Meine Mutter erzählt immer wieder, dass Zahnarztbesuche mit mir im Kindesalter eine Art traumatische Erfahrung waren – vor allem für sie als Begleitperson.
Mittlerweile bin ich Mitte 50 und gehe regelmäßig freiwillig zum Zahnarzt, aber so ganz leicht fällt es mir immer noch nicht. Vielleicht kennst Du das: Die heftigsten Ängste zuvor stehst du im Wartezimmer aus. Erst, wenn über deinem Kopf die Behandlungsleuchte angeht, kommt so etwas wie Ruhe in die Situation.
Diese Behandlungsleuchten sind besondere Lampen: Mit wenig Birnen oder Lichterzeugern, aber unglaublich hell, damit sie die Mundhöhle gut ausleuchten können und der Zahnarzt sowohl den Behandlungsbedarf sieht, als auch die Orte, an denen er seine Instrumente anwenden muss.
Diese Lampe, dieses Licht dient also dazu, einen an sich tendenziell eher dunklen Ort hell zu machen. Genau diese Eigenschaft hat Licht generell: Es macht dunkle Orte hell. Und genau so verhält es sich mit dem Licht des Evangeliums, der guten Botschaft von Jesus Christus. Es bringt Licht ins Dunkel. Und so, wie das beim Zahnarzt nicht immer angenehm ist, was da zum Vorschein kommt, ist es auch in unserem Leben nicht immer angenehm.
Denn in diesem Licht können wir uns selbst sehen, wie wir sind (wenn wir dazu denn wirklich bereit sind), dort liegen alle Motivationen, alle Tiefen des Lebens, alle dunklen Seiten, die wir gern verstecken oder selbst nicht wahrhaben wollen, offen. Der Apostel Paulus fordert die Leute in der Gemeinde in Ephesus auf, in diesem Licht zu wandeln. (Neue Genfer Übersetzung: Sich wie Menschen, die im Licht leben, zu verhalten). Das heißt: Keine Geheimnisse, keine Intrigen, keine Doppelmoral, ehrlich und authentisch leben.
Das ist ein hehres Ziel, und jeder, der das mal ernsthaft versucht hat, weiß, dass das ein lebenslanger Prozess ist. Und vor dieser Erkenntnis hat man die Wahl: Entweder man übt sich in Demut und lässt sich auf diesen Weg ein, der einen immer wieder diese Demut lehrt. Oder man lebt ein Doppelleben und trägt eine Fassade vor sich her, während es in einem selbst ganz anders aussieht und von Licht nicht viel zu sehen oder zu bermerken ist.
Dass es möglich ist, dass man das Licht in Gestalt von Jesus sieht und sich trotzdem nichts ändert, das können wir eindrücklich an den Menschen in Jerusalem in der letzten Woche vor Jesu Tod sehen – die Menschen erkannten den Messias nicht mal, als er leibhaftig vor ihnen stand, und vom "Hosianna" bis zum "kreuzige ihn" hat's nicht lange gedauert.
„Die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit“. Wenn das, was ich lebe, sage und tue, nicht diese Früchte trägt, dann ist die Frage angebracht, ob ich tatsächlich im Licht lebe oder oder meiner eigenen, menschengemachten Version eines "Christentums" folge. Das Licht des Evangeliums ist vielleicht erst mal nicht angenehm. Es zeigt manchmal unangenehme Dinge; es stellt mich in Frage und zeigt mich ganz ungeschminkt. Und gleichzeitig ist es befreiend, weil ich gerade in diesem Licht nicht versuchen muss, jemand anders zu sein, als der oder die, die ich wirklich bin. Ehrlich und authentisch – und gerade so von Gott geliebt!
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