Hippe Missionare


 Ok, ok, ich hab mich länger nicht gemeldet - es war einiges los in der letzten Zeit. aber bevor wir nächste Woche in den gepflegten "Christmas-Mode" übergehen, muss ich doch noch etwas Senf zu einem medialen Aufreger aus der letzte Woche abgeben, nicht zuletzt, weil es mich zumindest mittelbar betrifft.

Da lief an einem Abend in der ARD die Doku: "Hippe Missionare - mit Jesus gegen die Freiheit?", die von Journalisten des Bayerischen Rundfunks (BR) produziert wurde. Inhalt der 'Doku' war ein Blick auf das Gebetshaus Augsburg, dessen zweijährliche Konferenz, die "MEHR", in 14 Tagen beginnt, mit jetzt schon knapp an die 10.000 Anmeldungen, sowie die katholische 'Loretto-Gemeinschaft' in Salzburg (und an anderen Standorten), die, klar, dezidiert katholisch ist, und aus jungen Leuten besteht, die sich nach Jesus und nach dem Wirken des Heiligen Geistes ausstrecken und dementsprechend Alpha-Kurse, Jüngerschaftsschulungen etc. anbieten. 

Um nicht missverstanden zu werden; ja, ich finde, Kritik auch an solchen Veranstaltungen/Einrichtungen muss durchaus möglich sein. Wir haben es z.B. in so einigen großen Projekten der evangelikalen/pfingstkirchlichen Welt in den letzten Jahren gesehen, in denen viel Macht auf eine Person oder einen kleinen Kreis von Personen konzentriert wurde, die dann im Skandal endeten (Willow Creek, Hillsong und andere). Ja, es gab in solchen Bewegungen schon Fälle von Missbrauch, Finanzieller Untreue und anderem. Genau so wie es das in der katholischen Kirche auch schon gab. Und in der Evangelischen Kirche in Deutschland, die gerade einen Missbrauchsskandal an den Fersen hängen hat, in dem es um ca. 10.000 Opfer sexuellen Missbrauchs geht (die Dunkelziffer liegt vermutlich noch deutlich höher). Man muss nicht pienzig reagieren, nur, weil jemand kritische Anmerkungen macht. Man sollte dann aber journalistische Mindeststandards walten lassen.

Deshalb zurück zu dieser Doku. Worum geht es denn inhaltlich? Der Untertitel "Mit Jesus gegen die Freiheit" weist einem da schon mal den Weg: Es geht darum, dass das, was in der Doku gezeigt wird, dem "liberalen Zeitgeist" entgegensteht: Menschen, die hingegeben Gott dienen, die sich einer Leiterschaft unterordnen, die den Tag mit Beten verbringen und in verschiedenen Seminaren und Kursen junge Leute 'auf ihre Linie' bringen. Und, ganz schlimm: Die ein 'konservatives Familienbild' propagieren - ein Sakrileg aus progressiver Sicht. Und das alles mit Freude, tiefer Überzeugung und einem ungefärbtan Glauben.

Nun bestreite ich nicht, dass es auch in diesen Gemeinschaften durchaus 'menscheln' kann. Und dass da vor, sagen wir mal 10,15 Jahren mal Aussagen getroffen wurden, die man heute so nicht wiederholen würde - schließlich entwickelt man sich mit der Lebens- und Diensterfahrung ja auch weiter. Was mich vielmehr stört, ist die Machart solcher 'Dokus': Erst der Einstieg, der (in diesem Fall) Aufnahmen aus der MEHR-Konferenz vor 2 Jahren stellt. Überwiegend junge Menschen, die Gott feiern. Ein Kardinal Schönborn (Erzbischof von Wien), der ergriffen ist über die Atmosphäre in diesem Raum und vor allem über das ökumenische Zusammensein: Da finden sich junge Menschen aus der katholischen Kirche, aus der evangelischen, aus Freikirchen aller Couleur.

Dann die suggestive Frage: 'Aber ist das wirklich so harmlos'? Dann werden youtube-Auftritte durchgeforstet (das muss man anerkennen: Das haben die Produzenten immerhin 2 Jahre lang gemacht). Dann 'kritische Stimmen' gesammelt (das war hier schon ziemlich mühsam; man bekam eine Dame vor die Linse, die vor 7 Jahren mal für 2 Wochen ein Volontariat im Gebetshaus gemacht hat, und einige für ihre Ohren fragwürdige Formulierungen gehört hat). Dann kommt der unvermeidliche 'Aussteigerbericht' (in Form eines Interviews mit einem Mitarbeiter der kath. Jugend, der noch nicht mal zur Loretto-Gemeinschaft gehört hat, sondern nur auf Besuch da war), der anonym gezeigt und dessen Stimme verfremdet wird, als ob er um sein Leben fürchten müsste, nur, weil er die Loretto-Gemeinschaft kritisiert hat.

In dem Stil geht es weiter, bis man die Schlusskurve kriegt: "Sieht alles ganz doll hip aus, ist aber echt gefährlich!". Prädikat: Bemüht, aber ziemlich flach. Allein die Sprache verrät die Intention der ganzen Sendung: Abgesehen vom schon erwähnten Untertitel der Sendung wird Bernadette Lang, eine der Leiterinnen von Loretto Salzburg, als "Postergirl" der Bewegung präsentiert. Diese Kommentare von der Sorte "krass, aber gestört", dieser herablassende mediale Duktus, der die Menschen, die es mit dem Glauben etwas ernster nehmen, als grenzdebile Vollpfosten insinuiert, zieht sich in den letzten Monaten durch jede Form von Berichterstattung zum Thema. 

Ob es eine 'Doku' über die O'Bros ist, ein sehr erfolgreiches christliches Hip-Hop-Duo (das mit ihrem jüngsten Album auf Platz 1 der säkularen Charts einstieg, was in progressiven Kreisen zu einer Art kulturellem Meltdown geführt hat, wie man in den Kommentarbereichen der sozialen Netzwerke sehen konnte) über eine Sendung, die die - in der Tat problematische - Verflechtung von Evangelikalen und rechtspopulistischen Bewegungen in den USA und die damit einhergehende Entkernung des christlichen Glaubens thematisierte - oder jetzt diese Sendung über die 'hippen Missionare' aus Augsburg - übrigens sehr dezidiert zwei Wochen vor der nächsten MEHR-Konferenz: Es folgt immer demselben Muster.

Ich fühle mich durch Sendungen dieser Art nicht "verfolgt" (da muss ich auch den einen oder die eine oder andere Schwester oder Bruder im Herrn zur Besinnung rufen), ich fühle mich nur - sorry - verarscht von einer offensichtlichen Kampagne, die sich mit dem Mäntelchen des Journalismus behängt. Mag ja sein, dass der Wind rauer wird und wir vielleicht um Akzeptanz oder Privilegien, die wir z.Zt. genießen, fürchten müssen, wenn wir zu Jesus stehen. Wie wollen wir darauf reagieren?

So, wie es am sinnvollsten ist: Wir folgen Jesus, wir bauen Gemeinde, wir verkünden das Evangelium und wir begegnen Menschen mit Liebe und Wertschätzung (wenn sich die erste Aufregung mal gelegt hat 😉). So, wie Jesus es auch gemacht hat. Denn er baut seine Kirche und wir dürfen ein Teil davon sein.

Und: Ich hab mich mit meiner Tochter zur MEHR-Konferenz angemeldet. Ich geh dann mal aufs hippe Missionsfest ... 😉
 

Kommentare

  1. ... super gut, vielen lieben Dank!!! Du könntest nach meinem Geschmack allerdings weniger Fremdworte/Jugendaussprachen verwenden.

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    1. Sorry, das mit den Jugendaussprachen bleibt wohl nicht aus, wenn man beim Schreiben O'Bros hört ... ;-)

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  2. Ich hab die Sendung auch gesehen und sehe das genauso wie Du.

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