Wofür ist Kirche eigentlich da?
An vielen Orten entlang der Küste kann man sie sehen: Alte Rettungsboote oder -schiffe, die ihren Dienst schon länger hinter sich haben. Die sind in den meisten Fällen, was das Erscheinungsbild anbelangt, sehr gut gewartet. Da ist nirgendwo Rost zu sehen, die Fenster sind ordentlich geputzt, da hängt keine Leine einfach so rum und die Farben leuchten weit sichtbar (wie bei dem Beispiel hier auf der Insel Langeoog; wer das Boot mal besichtigen will - es steht direkt gegenüber dem Eingang des "Hauses der Insel"). Boote, die zur Rettungsflotte der "DGzRS" gehörten, der "Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger".
Wie gesagt, diese Boote werden gut in Schuss gehalten, eine Gruppe von Freiwilligen kümmert sich liebevoll darum. Sie sehen gut aus und machen echt was her vom Äußeren. Aber sie retten schon lange keine Menschen mehr.
Immer, wenn ich an diesem Exponat vorbeilaufe (was in den letzten Jahren zugegebenermaßen selten geworden ist), muss ich an die Geschichte einer einfachen und armselig wirkenden Rettungsstation denken, die sich an einer zerklüfteten Küste befindet, welche wiederum bekannt ist für ihre tückischen Riffe und die vielen Schiffe, die dort Schiffbruch erleiden. Das Gebäude dieser Rettungsstation ist eine einfache Hütte, und dazu gehört nur ein einziges Boot; aber eine Handvoll Freiwilliger versieht unentwegt ihren Wachdienst und wagt sich tags wie nachts unermüdlich und ohne Rücksicht auf das eigene Leben hinaus, um Schiffbrüchige zu bergen.
Dank diesem bewundernswerten kleinen Stützpunkt werden so viele Menschen gerettet, dass er bald überall bekannt wird. Viele Gerettete und andere Leute aus der Umgebung sind gern bereit, Zeit, Geld und Energie zu opfern, um die Station zu unterstützen. Neue Boote werden gekauft; neue Mannschaften geschult. Aus der kleinen Hütte wird eine moderne Rettungsstation mit allem Pipapo. Auf Dauer jedoch gefällt vielen Gönnern dieses Gebäude nicht mehr; ein Ort der Zuflucht müsse doch etwas komfortabler sein. Deshalb werden die Provisorien durch richtige Betten ersetzt; bessere Möbel werden angeschafft.
Immer mehr erfreut sich die Rettungstation der Beliebtheit, auch als allgemeiner Aufenthaltsort; sie wird zusehends gemütlicher eingerichtet; ein Clubhaus. Allerdings gibt es immer weniger Freiwillige die noch bereit sind, mit auf eine mühselige und gefährliche Bergungsfahrt zu gehen. Also heuert man für die Rettungsboote eine eigene, professionelle Besatzung an. Immerhin: Das Wappen und ein Modell des ersten Bootes zieren noch eine Wand im Clubhaus.
Bei der nächsten Vereinsversammlung gibt es eine Auseinandersetzung unter den Mitgliedern: Die meisten wollten den Rettungsdienst einstellen, da er unangenehm und teuer und dem normalen Clubbetrieb hinderlich sei. Einige jedoch vertreten den Standpunkt, dass Lebensrettung die vorrangige Aufgabe des Clubs überhaupt ist und dass man sich ja schließlich immer noch als „Lebensrettungsstation“ bezeichne. Sie werden schnell überstimmt. Man lässt sie wissen, dass sie, wenn ihnen das Leben all der Schiffbrüchigen so wichtig sei, ja woanders ihre eigene Rettungsstation aufmachen könnten. Was sie dann auch tun.
Die Jahre gehen dahin, und die neue Rettungsstation wandelt sich genauso wie die erste. Sie wird zu einem Clubhaus, und so kommt es irgendwann zur Gründung gar einer dritten Rettungsstation. Doch auch hier wiederholt sich die alte Geschichte. Wenn man heute diese Küste besucht, findet man längs der Uferstraße eine beträchtliche Reihe exklusiver Clubs. Die Küste wird immer noch vielen Schiffen zum Verhängnis; nur - die meisten der Schiffbrüchigen ertrinken.
Jesus trat auf seine Jünger zu und sagte: »Mir ist alle Macht im Himmel und auf der Erde gegeben. Darum geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Und seid gewiss: Ich bin jeden Tag bei euch, bis zum Ende der Welt.« (Matthäus 28, 18-20)
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